Echte Kerle

Es ist mal wieder Zeit für einen Bericht des rasenden Reporters aus Hanshagen zu einem sportlichem Ereignis der etwas anderen Art. Dazu treffen wir heute einen Kerl von der Steinstraße. Schon beim Eintreten sehe ich, dass er noch Schlamm im Ohr und seine Startnummerntätowierung auf dem Arm hat. 

Hallo Stefan, erzähl doch mal, was du letztes Wochenende in England so getrieben hast.

Du lässt du mich mal wieder beim Urschleim anfangen. Die Greifswalder wissen es schon längst. Ich war beim Tough Guy Race über 15 Kilometer in Wolvershampton beweisen, dass ich doch Haare auf Beinen und Armen habe 😉

 

Wurden deine Erwartungen erfüllt?

Wenn du damit unsere Unterkunft meinst: Ja! Schließlich haben wir einen Studenten buchen lassen. Für 12 Pfund gab es die Auswahl zwischen zwei sehr geruchsintensiven Zimmern, zwei dreckigen Toiletten und 2 gleichen Packungen Weißbrot und einer Marmelade am Morgen. Und ein benutztes Spritzenbesteck neben einem gebrauchten Kondom auf dem Parkplatz hätte uns fast einen Platten beschert. Aber was uns nicht umbringt…

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Stefan, du weißt, dass es mir grundsätzlich um die sportlichen Dinge geht.

Ach so, ganz vergessen. Die Erwartungen unserer kleinen Reisegruppe wurden bereits bei der Streckenbesichtigung am Sonnabend gewaltig nach oben geschraubt: Vor allem die an unseren Überlebenswillen. -5°C, Wind, 5cm dickes nicht tragendes Eis auf den Wasserflächen und hohe Seile über Eisflächen ließen die Strecke nicht gerade wie dein wohl klimatisiertes Wohnzimmer aussehen. Die bis 15 Meter hohen Hindernisse sahen zum Teil aus, wir vor 15 Jahren von ein paar Bauern nach einer Pubrunde zusammen gezimmert. Nicht alle Balken schienen meinem Kampfgewicht von 90kg (mit Kleidung selbstverständlich) gewachsen. Die Wahl der Kleidung viel bei der Hälfte unserer Gruppe leicht, da sie keinen Neopren dabei hatten. An die beim Strongmanrun erprobten Sportwindeln traute sich jedoch keiner ran.

 

Und nun zum Start.

Anfangs hieß es warten. Die Startwelle „Wetnecks“ ging mit ca. 20min Verspätung zum Startkanonenschuss auf die Strecke. Einen besseren Startplatz hätten wir nur mit Teilnahme in den Vorjahren oder einer kleinen Spende (>100 Pfund) an ein Tierheim erpressen können.

Die Angst vor langen Warteschlangen an den Hindernissen war unbegründet. Nahezu jeder Laufmeter der 15km langen Strecken war anstrengend, da schlammig, so zog sich das Feld recht zügig auseinander. Zunächst ging es über und unter Balken, durch erste Schlammlöcher vorbei an zahlreichen Mitstreitern. Die erste Kraftprobe kam ca. bei Kilometer drei. Zehnmal bzw. gefühlte 30mal ging es einen steilen schlammigen Hang hinauf und direkt wieder unter. Runter war einfach: Rutschen, nur nicht mit dem Fuß in einen der Dornenbüsche hängen bleiben und kopfüber weiter stürzen. Unsere kleine Gruppe hatte bereits hier Schwierigkeiten einigermaßen beisammen zu bleiben.

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Wie war der erste Kontakt zum Wasser?

Zunächst einfach: Ein Sachse springt in jedes Wasser! Und sei es noch so kalt. Die ersten 15 Wasserlöcher waren kurz, ca. hüfttief, die Eisfläche zerstört, das anstrengendste war jeweils das Rauskommen über die steilen Schlammwände bis auf Brusthöhe, was mir jedoch dank meiner Länge leichter viel als manchem Mitstreiter. Dann wurde es ernst: ca. 200 Meter nonstop durch ca. unterschenkel- bis brusttiefes Wasser mit Eisschollen. Ich spüre jetzt noch die Einschläge des Eises an Schienbein und Knie. Jedoch schien sich meine lange Laufhose auszuzahlen, welche ich vorher aufgrund massiver Gewichtszunahme bei Schlamm und Wasser verfluchte. Nach kurzer Zeit wurde es angenehm, nichts war mehr zu spüren. Dennoch gehorchten die Beine, zwar nicht mehr präzise, aber zum Vorankommen reichte es.

Die nächsten Wasserlöcher konnte man bei guter Sprungkraft von Heuballen zu Heuballen überspringen.

Das Übelste im Wasser waren jedoch die 7 Balken zum Durchtauchen. Kopfschmerzen ließen nach dem Letzten nicht lange auf sich warten.

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Welches Hinderniss wird Dir in Erinnerung bleiben?

Ein langer abgedunkelter Schlammtunnel, in dem ich 3 hängende Hölzer vom Vordermann ins Gesicht bekam, schließlich kopfüber ins nächste Schlammloch rutschte, und dazu noch eine gewischt bekam (zum Glück nur am Arm). Ja die Rufe und Schreie „AUUUUU“ und „AAAHHHHH“ der Anderen, welche zum Teil Stromschläge ins Gesicht erhielten, hallen noch nach.

Und der eigentliche Gegner: Die Kälte. 

Tunnel und Schläge

Tunnel und Schläge

 

Wie zufrieden bist du mit deinem Ergebnis?

Das Team zählte: Somit völlig zufrieden. Von 6 Mann sind zu 100% (Anzahl und körperlich) im Ziel angekommen und binnen der nächsten 1 1/2h Stunden wieder aufgetaut. Bedenke, dass von ca. 5000 gemeldeten Startern, ca. 4500 an den Start gingen, davon ca. 500 medizinische Hilfe (davon 100 im Krankenhaus) brauchten, 300 aufgaben und schließlich nur 3700 das Ziel erreichten. Und unsere Platzierung liegen alle im vorderem Drittel: Vom 413. Platz meines Bruders in 2h23min bis Platz 1137 in 2h47min unseres letzten glücklichen Finishers.

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Welcher Vereinskamerad hätte auch Chancen beim Tough Guy durchzukommen?

Jetzt wird es schwierig.

R.E.? Nein: Wasser!

J.B.? Scheidet aus, geht erst ab 20° C und dann nur mit Neo ins Wasser. Oder doch erst 28°C?

M.M.? Würde sich anmelden und dann wahrscheinlich nicht anreisen!

Du? Mmmm. Stehvermögen hast du schon bewiesen. Kritisch sehe ich das Zeitlimit von 5h.

I.J.? Die Frau im Team. Wahrscheinlich ein Joker.

J.G.? Beim Urbanathlon in Hamburg durchgekommen… oder nur dank der Pausen am Hindernis?

H.B.? Würde Kältetraining absolvieren. Die Zellen wären perfekt auf Wärmeproduktion vorbereitet. Doch bleibt dann noch Energie zum Laufen?

P.S.? Am aussichtsreichsten.

K.L.? Würde mir, schon wenn ich sie anmelde, einen „V…“ zeigen und die Freundschaft kündigen.

 

Nun bitte dein Schlusswort!

Hey Kameraden, ich bin froh wieder lebendig in Deutschland zu sein und die nächsten Wettkämpfe mit Euch bestreiten zu können. Nehmt mir meine Antworten der letzten Frage bitte nicht übel 😉

 

Danke für die Antworten.

Los geh trainieren! R.R. hat die Woche schon 3h Vorsprung.

 

 

9 thoughts on “Echte Kerle

  1. Krass, absolut krass. Wie kann man überhaupt bei Temperaturen unter 25 °C auch nur irgendwas machen ? Ostseeman ? Gute Wahl – ich will auch wieder …

  2. echte Kerle? verrückte Kerle würde ich sagen! Bin 2014 auf jeden Fall nicht dabei, würde aber 20 Pfund für eine bessere Unterkunft spenden für jeden von uns der da mitmacht.

  3. Ich bin beeindruckt! Hans Hagen hätte das auf keinen fall besser gemacht!
    Stebbi du bist ein verrückter Typ! Super das Du zu uns gehörst!!!!! Ich komm mit Dir zum OstseeMan! Dort berichte ich dann mal live von einem Rennen!
    Schöner Bericht- das schreit nach einer Party!

  4. Kleine Korrekur: Der Bericht sieht nur so aus, wie von Hans geschrieben. Ich finde das Pseudonym nur so toll.

  5. Sehr schöner Bericht und eine tolle Leistung. Ich muss auch sagen, dass sich die journalistischen Fähigkeiten von Hans langsam verbessern.

    Zum Thema, ob ich bei sowas mitmachen würde, ein klares: NEIN!

    Ich war 3 Jahre bei der Infantrie und hab da schon so manchen kranken Scheiss (verschiedene Hindernisbahnen, mich in einem Loch von einem Panzer überrollen lassen, mehrtägige Durchschlageübungen,usw.) gemacht, das reicht für dieses Leben.

    Gruß an alle Vereinskameraden!

  6. Wieder mal ein schöner Bericht von H. H. aus H.!!
    Stefan, alle Achtung! (Das mit den Stromschlägen finde ich auch nett!)

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