… gibt es ca. 20.000 Menschen, die nichts anderes zu tun haben, als um den Vätternsee 300 km zu radeln. Zwei davon waren Ralfi und ich. Dieses Jahr war es eine Jubiläumsfahrt, denn zum 50.sten Mal stand das Event auf dem Programm. Start für uns war um 0:38. Die Dunkelheit war gerade eingebrochen und schon wurden wir in Gruppen mit Motorradbegleitung aus der Stadt Motala geführt. In Richtung Süden ging es zum ersten Depot nach Ödeshög (Entfernung ca. 47 km). Die ersten Kilometer rollten super, wir waren motiviert und radelten vielen roten Lichtern nach. In Ödeshög angekommen, gab es leider noch keine Zuschauer außer die Helfer, aber dennoch war im Depot viel los. Es wurde warme Blaubeersuppe gereicht, Isodrinks, Kaffee, Brötchen und salzige Gurken. Nach einer kurzen Puller- und Vollstopfpause ging es munter weiter. Die Strecke führte recht flach über die erste Zeitnahme in Gränna (km 76 –aktuelle Uhrzeit 3:33) und zu den ersten Anstiegen bis zum zweiten Depot in Ölmstad. Kurz vor Gränna es zog ein kühler Nebel vom Vätternsee herüber, so dass meine Füße und Hände eisig waren. Mit jeder Abfahrt fröstelte es mich immer mehr und ich hoffte, dass die Sonne nun endlich rauskommen würde. Der Himmel war klar und es war strahlender Sonnenschein laut Wetterbericht angekündigt. Ralfi kommentierte das Ganze mit „Ja ist frisch…“
Wir fanden auch ab und an eine kleine Gruppe und konnten so auch mal etwas verschnaufen, da wir doch recht zügig unterwegs waren. In Ölmstad angekommen bei km 83 konnte ich meine Füße vergeblich bewegen, sie waren Eis. In diesem Depot verweilten wir eine Weile und neben den oben genannten Essen wurden wir zusätzlich mit Bananen versorgt.
Das nächste Depot folgte am südlichsten Zipfel des Sees in Jonköpping bei Kilometer 102. Die Sonne war endlich aufgegangen und es gab warmes Frühstück um 5 Uhr morgens. Wir ließen uns den Haferbrei samt Beeren und die Köttbular mit warmen Kartoffelbrei schmecken und pausierten in der warmen Halle.
Sogar ein bis zwei Leute waren jetzt schon auf der Straße. Okay es waren keine Fans, einfach nur Jugendliche, die von den Feiern kamen, aber immerhin.
Da wir bisher doch recht zügig unterwegs waren, beschlossen wir unsere Kräfte etwas zu sparen und langsam merkte ich auch erste Muskelverspannungen im Nacken. Ralfi zeigte bisher keine Schmerzanzeichen, aber bemerkte, dass er sein Ibuprofen im Auto gelassen hatte. Wir waren nun also ca. 4:30 h unterwegs.
Die nächste Etappe westlich des Sees lief flach und unspektakulär ab. Es folgte eine Zeitnahme in Bankeyd (km 123), ein Depot in Fagerhult (km 133) und hier und da ein kleiner Berg. Alles in allem waren wir froh, dass die 60 Kilometer ab Jönköpping bis Hjo endlich vorbei waren. Wir fuhren ohne größere Gruppen, es waren überall Menschen zu sehen, aber die richtige Geschwindigkeit lies sich schlecht finden. Erste Müdigkeit war da. Die Aussicht auf den See war die einzige Abwechslung und meine Nackenschmerzen wurden immer spürbarer. In Hjo (km 171) war dann Lasagnezeit, Mittag um ca. 8 Uhr morgens. (Unterwegs nun ca. 7:30 h)
Und die Tour ging weiter. Zwischendurch kam sogar Ralfi durcheinander und meinte es wäre schon Nachmittag, da wir doch Mittag gegessen hatten. Endlich folgten die Berge und es gab Abwechslung. Ralfis einzige Sorge an der Stelle war, warum ich eigentlich schneller den Berg runterrolle als er. Einzige Erklärung in seinen Augen war mein schweres Gewicht…, da ich mich an allen Depots auch reichlich vollgegessen hatte (ich lasse das mal unkommentiert).
Es folgte das Depot in Karlsborg (km 200) und Boviken (km 230). Ich konnte gar nicht mehr sagen, ab wann ich mich gefragt habe, wozu ich das hier alles mache aber eins wußte ich. Aufgeben wäre unsinnig, da nicht genug Schmerzen, und umkehren ebenso. Die Beine spielten mit, aber langsam zogen sich die Zipperlein hier und da durch den Körper. Die Müdigkeit überkam ab und an und es gab Phasen an denen man so vor sich hin tingelte. Am nördlichsten Zipfel in Hammarsundet (km 260) dachte ich nur noch ans Ankommen. Und das Ziel war doch noch so weit. Ralfi sah nach wie vor fit aus und ging regelmäßig zur Örtlichkeit. Ich schwitzte irgendwie alles Getrunkene aus. Die Depots wurden immer voller, die Menschen sammelten sich und es war deutlich spürbar, dass wir weit vorangekommen waren. In Trihgwaiikleidung wurden wir von Rostockern, Güstrowern und Stralsundern gegrüßt. Der Wiedererkennungswert geht also bis in den Hohen Norden.
Die letzten 40 Kilometer führten über 1 weiteres Depot und 1 Zeitnahme, über eine lange Brücke mit Gegenwind, wunderschöne Aussichten, die ich leider nicht mehr genießen konnte. Die letzten Kilometer waren bei mir von leichten Krampfansätzen begleitet, so dass ich an den Bergen eher vorsichtig war, bevor ich einen Oberschenkelkrampf mitten am Berg erleide und dann wie ein Stein umfalle mit eingeklinkten Schuhen. Ralfi bergan immer voraus und dann bergab wieder eingeholt beim Rollen. Seine Bemerkung zum Thema es geht ab jetzt nur noch bergab, klemmte er sich auch bei Kilometer 270, denn es ging nicht nur bergab. Aber ab Kilometer 280 sagte er, ab jetzt kann man wieder langsam lachen über die Berge. Zu meinem Glück lehnte er mein Angebot ab Kilometer 260 ohne mich voraus zu fahren ab, da er mich schön zog. Das letzte Depot diente bei mir lediglich dazu, einmal durch zu wandern um aufkommende Krämpfe zu lösen mit Walken. Klappte sogar auch und dann ging es wieder besser. Ich glaube es war auch ab Kilometer 260, wo ich nicht mehr richtig aufhören wollte innerlich zu jammern, aber das half ja alles nichts. Ich wollte nur schnell voran kommen und endlich Motala sehen.
Dann war es soweit, wir durchfuhren das Gewerbegebiet von Motala, ließen die Glasscherben links liegen und freuten uns dass wir 2 km vorm Ziel keinen einzigen Platten bekommen haben. (Wir waren uns übrigens einig, dass wir bei 2 km vorm Ziel keinen Reifen mehr gewechselt hätten sondern ins Ziel geschoben hätten.) Die Schmerzen hielten sich in Grenzen oder waren nicht mehr zu spüren, wir wissen es nicht genau.
So empfing uns Simone freudig um 14:12 Uhr (13:34 unterwegs) im Ziel und es war einfach nur schön, den Po aus dem Sattel zu heben nach 300 km und zu wissen, dass es irgendwo ein Bett gibt, dass auf mich wartet… Laut Ralfs Tacho haben wir insgesamt 11 h 30 als Fahrzeit und ich bin mächtig stolz auf uns. Vielen Dank hierbei an Ralf für eine einmalige Radtour.
Erschöpft aber glücklich fiel ich um acht ins Bett und schlief sofort ein. Bis um 22 Uhr das Kind weinte…
PRO: super asphaltierte Wege; keinerlei Probleme mit Autos; geniale Verpflegung; nette Leute; toll Organisiert
CONTRA: 300 km
Was bleibt: Endlos viele schöne Erinnerungen, einwöchiger Sonnenbrand an den Oberschenkeln
[Text und Bilder: Ilka Jäkel]
Tja wers drauf hat, kann sich beim Training auch mal dezent zurückhalten, hihi 🙂
Sehr schöner Bericht Ilkchen!
Gut gefahren nach deinem harten Radtraining vorab.
Finden wir dich jetzt nur noch bei Radrennen?