Dank Hans seiner auch im Nachhinein gut lesbaren Liveberichterstattung, kann ich nun andere Aspekte dieses herrlichen Wochenendes beleuchten.
Der Plan
Als Triathlet und Sohn eines mehrfachen Ironman keimte auch in mir der Wunsch eine solch lange Strapaze zu überstehen. Eine Teilnahme an meinem Traumtriathlon “Norseman” blieb mir aber mangels Losglück verwehrt. Beim Norseman hätte aufgrund Wetter, Höhenmetern usw. definitiv nur ankommen gezählt. Also kurz recherchiert, der Ostseeman findet am gleichen Wochenende statt. Von Micha wusste ich, dass dieser auch eine herausfordernde Veranstaltung sei. Direkt nach Anmeldung im Dezember 2013 meldete sich dann mein Ego und änderte seinen Plan: Nicht allein ankommen zählt, nein die Zeit meines Vaters, besser noch die 10 Stunden sollten fallen. Soll heißen, ich habe 1 Stunde Zeit zum Schwimmen, 5,5 Stunden Zeit zum Radfahren und 3,5 Stunden Zeit zum Laufen.
Das Training (v.a. für Kritiker)
Nun galt es zahlreiche Trainingsstunden im eng gestrickten Wochenplan unter zu bekommen. Bei einer 40h Woche, Kind und Schwangerer Freundin blieben somit häufig nur die frühen Morgenstunden. So bin ich nicht nur einmal zwischen 5 Uhr und 8 Uhr 100km bei aufgehender Sonne mit dem Rennrad unterwegs gewesen.
Insgesamt glaube ich, einen Hobbytriathleten sehr guten Trainingsaufbau gehabt zu haben. Sport im Ausdauerbereich betreibe ich bereits seit vielen Jahren, dank viel Intervalltraining im letzten Jahr, konnte das Lauftempo deutlich gesteigert werden. Und in diesem Jahr schaffte ich tatsächlich 4 Monate Vorbereitung mit zum Teil über 15 Trainingsstunden pro Woche. Und nebenbei sorgte meine Familie dafür, dass ich auch ausreichend Kompensation erhielt.
Zahlreiche Indizien zeigten, dass ich auf dem richtigen Weg bin:
– Die langen Koppeleinheiten mit Hans und Rolf zum Lauf nach Neubrandenburg oder Jatznik
– kürzere schnellere Koppeleinheiten mit Jens (z.B. während Frankfurtironman)
– und der Spreewaldtriathlon
Das Wettkampfwochenende
Zunächst muss ich Hans danken, dass er mich nach Glücksburg gefahren und ein Bett in der Ferienwohnung belegt hat. Somit musste/durfte meine Familie zu Hause bleiben *Scherz* und ich ich in aller Ruhe die Zeit mit Essen, Sportgetränk herstellen und Kleiderbeutelpacken (3 Stück) verbringen und von den Tipps eines erfahrenen Ironman profitieren.
Der Wettkampftag
4:45 Uhr: Aufstehen, Hirsebrei essen, 1 Liter Jensis Spezialgetränk trinken (80mg Maltodextrin und 800mg Salz/Liter Wasser)
5:30 Uhr Abfahrt zum Wechselbereich, letzte Vorbereitungen, 2x die Toilette des Hotels belegt (Danke an Micha für den Hinweis: sauber und ohne Wartezeit) Sonnencreme auftragen, Neo anziehen und schnell noch ein paar Meter eingeschwommen.
6:55 Uhr Hans hat noch schnell ein Foto geschossen, dann durfte ich mich hinter den Eishockeyspielern aus Flensburg, welche die Wasserlinie schützten, einordnen. Der Pulsschlag stieg, nur die Ruhe bewahren. Die Pulsschlag Musik läuft an, alle zählen runter: 10, 9, 8…. doch was ist dass, die Flanken laufen schon bei 7 los. Wird zurück gepfiffen? Nein. Also auch schnell hinterher, somit muss also auch ich auf meine anschließende Zeit wohl noch 5 Sekunden addieren.
Das Tempo der Ersten war hoch, ich schwamm einfach mein eigenes am Ende der Führungsgruppe. Und bin mit den resultierenden 57 Minuten bei spiegelglatter Ostsee überaus zufrieden. Am Schwimmausstieg nur den Kleiderbeutel nicht vergessen, ab ins Zelt, Neo aus. Beim beim anschließenden Fahrradsuchen hat Hans mich zum Glück unterstützt.
Die erste Radrunde lief genial: 36,8 km/h ohne Anstrengung. Gelegentlich überholte mich ein Staffelfahrer (am Kreuz auf der Wade zu erkennen), doch auch ich konnte 2-3 Einzelfahrer überholen. Hans informierte mich nach jeder Runde über Bengts Führung (Bengt = alter Bekannter aus Sportfördergruppe im Rettungsschwimmen) und schrie mir allerlei wilde Sachen hinterher. So lief es weiter, bis ich Ende Runde 4 Hans zurief, dass alles sich super leicht anfühlt. Die Hügel wurden plötzlich anstrengender, sodass ich nicht mehr im Triathlonlenker liegen konnte. Nützt nichts, ich musste etwas Tempo rausnehmen. Die letzte Flasche meines Zaubertranks wollte ich mir bis kurz vors Laufen aufheben.
Inzwischen keimten Zweifel auf, verträgt dein Darm dieses Multipower-Getränke von den Verpflegungständen? Bilde ich mir das Ziehen im Bauch nur ein? Uiiii Glück gehabt, gerade noch einem Kegel ausgewichen. Hätte schief gehen können. Das Temporausnehmen und ein Fahrradopi (geschätzte 65 Jahre, Staffelradfahrer), der mich überholte und somit motivierte, zeigten ihre Wirkung. Etwas langsamer aber zufrieden konnte ich auch die letzte Radrunde absolvieren.
Jetzt wurde es spannend, meine Gedanken kreisten. Wie wird das Laufen? Wetter gut, nicht zu heiß, Beine schwer, Bauch wieder beruhigt (Zaubertrankg intus). Doch das schöne beim Triathlon ist: Es geht immer weiter. Also Fahrrad abgegeben, Laufschuhe angezogen, Sonnenschutz aufgesetzt und los gehts. Die GPS Uhr brauchte eine wenig um sich zu finden. Umso erstaunter war ich, bzw. fast erschrocken, als sie nach 3 Kilometern 4,10min/km anzeigte (entspricht Marathon unter 3h). Gut dass ich die mitgenommen hab, das war definitiv zu schnell, obwohl es sich locker anfühlte. Tempo rausgenommen. Stolz nahm ich das erste von vier Bändern nach der ersten Laufrunde entgegen. Inzwischen füllte sich die Laufstrecke. Ein kleiner Hänger kam nach ca. 13 Kilometern, plötzlich war die Luft knapp. Komm noch 3,5 Runden. Nochmals Tempo reduzieren: auf 5:00 min/km und alles lief super, Hans kam mir auf der 8km langen Laufrunde immer ein Stück entgegen, auch auf Bengt holte ich immer weiter auf. Die letzte Laufrunde konnte ich einfach nur noch genießen, die Beine fühlten sich wieder lockerer an, ich klatschte die Zuschauer ab und verabschiedetet mich bei ihnen. Hoffentlich haben mir die, die noch weniger Bänder um den Hals hatten, das nicht übel genommen. An einer letzten kleinen Wendeschleife kam mir Bengt in Schlagweite entgegen. Doch die Lust nach 9 Stunden Belastung nochmals Tempo aufzunehmen war nicht zu finden. Auf die Frage ob ich ihn nicht hätte noch einholen können, schiebt mein Ego natürlich Ehrfurcht vor seiner langen Führung (bis in die 5. Radrunde) vor.
Ich glaube nur Ironmänner oder Ostseemänner/frauen können das Gefühl der Mischung aus Freude, Erleichterung, Stolz, Schmerzen und Ermüdung im Ziel bei einer kaum erträumten Zeit nachempfinden.
Und danach?
Jetzt werden Stimmen laut: Trainier doch “ein wenig” (mehr) und kauf dir eine ordentliches Fahrrad, für unter 9h oder gar die Hawai-Qualifikation. Doch davon möchte ich aktuell zumindest Abstand nehmen. Sicher, 23 Minuten schneller und in Frankfurt wäre dieses Jahr die Hawai-Qualifikation gewesen. Aber schon die Bedingungen und meine Verfassung könnten beim nächsten mal kaum besser sein, eher schlechter.
Und ist es das wert? Ich habe den Verzicht auf Familie, Geborgenheit für meine Söhne und Freundin, Ausschlafen, Urlaub ohne Fahrrad und Kultur gespürt. Alle haben schon am See gesessen und gegessen und ich musste noch schwimmen *bähhh*
Die Freude an kürzeren Triathlonveranstaltungen v.a. mit mehr Vereinskameraden ist ähnlich und beinhaltet deutlich weniger Entbehrungen (wie Spreewaldtriathlon). Vielleicht starten wir ja nächstes Jahr in einer Staffel beim Ostseeman oder woanders. Achso: der Berlinman ruft. Ich suche schon nach Ferienwohnungen.
Danke.
an Hans für die geniale Berichterstattung und Wochenendbegleitung. Nicht nur Greifswald scheint regelmäßíg am Computer oder Smartphone gehangen zu haben. Danke an alle, die mitgefiebert haben. Und danke meine liebe Maria, dass du mich das diese Jahr machen lassen hast und auf viel gemeinsame Zeit verzichtet hast.
Schöner Bericht. Super Leistung!
Glückwunsch.
Den Bericht finde ich toll, sehr umfangreich und auch emotional. Dein Ziel, die Zeit Deines Vaters zu unterbieten, hast Du vergessen hervorzuheben. Beim Berlinman denkst Du hoffentlich auch an Quadrathlon, denn durch den Ostseeman ist Quadrathlon 2013 bei Dir hinten angestellt worden obwohl es in Deutschland diese Jahr noch die Gelegenheit geben würde.
Toller Bericht, danke dafür und für deine überragende Leistung!
Sehr schön. Aber die großen, breiten Typen am Schwimmstart sind traditionell Footballspieler und keine Eishockeyspieler, das kannst du dir ja im nächsten Jahr ja nochmal anschauen.
super Ding Du Sachse! Denk an unseren Film…. der mit den Sachsen- Du bist ein guter
Toller Bericht! Großartige Leistung!